Pro- und Präbiotika für die Haut?
Ein Interview mit Dr. Cath O’Neill
Cath kommt aus der Hautforschung und ist Expertin für Hautgesundheit. In den letzten Jahren hat sich ihre Wissenschaft auf das Hautmikrobiom fokussiert. Mit ihrer Firma SkinBio Therapeutics hat sie die Wissenschaft aus der Universität von Manchester, UK, in die SkinBiotix® Plattform umgesetzt. SkinBio Therapeutics adressiert drei spezifische Haut-Gesundheitsbereiche: Kosmetik, Infektionskontrolle und Ekzeme.
Die SkinBiotix® Plattform basiert auf Forschungsergebnissen mit Lysaten der Bakterien Lactobacillus und Bifidobacterium.
Ich habe Cath auf dem 5th Microbiome R&D and Business Collaboration Forum in Rotterdam getroffen und sie über die Effekte von Pro- und Präbiotika auf das Hautmikrobiom befragt:
Wie wirken sich Probiotika auf das Hautmikrobiom aus?
„Ich denke nicht, dass man das Hautmikrobiom verändern kann, indem man Probiotika aus dem Darm aufträgt, aber man kann sicherlich die Hautphysiologie verändern. Laktobazillen sind sehr anaerob (mögen keinen Sauerstoff), wachsen also höchstwahrscheinlich nicht sehr gut auf der Haut. Jedoch haben bestimmte Laktobazillen-Stämme, sogar als tote Präparationen, nennenswerte Effekte auf die Haut.“
Wie sieht es mit Präbiotika aus?
„Die bekannten Darm-Prebiotika wie FOS (Fructooligosaccharid oder Fruchtzucker) sind nicht prebiotisch auf der Haut, weil das Hautmikrobiom nicht die enzymatischen Werkzeuge besitzt um diese zu verdauen. Es ist noch einiges an Forschungsarbeit notwendig um Komponenten zu identifizieren welche das Wachstum der nützlichen Bakterien des Hautmikrobioms unterstützen.“
SkinBio Therapeutics wendet tote Bakterien für die Haut an. Was steckt dahinter?
„Wir verwenden mikrobielle Lysate, was für mich so in etwa wie eine Impfung funktioniert. Impfungen sind tote oder inaktivierte Bakterien, welche immer noch eine Immunreaktion hervorrufen. Wir kennen die Proteine der bakteriellen Extrakte sehr genau, da wir diese mit Massenspektroskopie analysiert haben und wir wissen welche Reaktionen sie auf der Haut auslösen. Wir haben eine erhebliche Menge an Bakterien hinsichtlich ihrer Effizienz untersucht und haben viel Wissenschaft im Reagenzglas betrieben.“
Tatsächlich, sind die Behauptungen von SkinBio Therapeutics wissenschaftlich belegt. In vier Peer-Reviewed (begutachteten) Publikationen beschreiben Cath O’Neill und ihre Kollegen ihre Forschungsarbeit auf Keratinozyten-Modellen (hauptsächlich vorkommender Zelltyp der Epidermis, der äußeren Hautschicht):
1. Verbesserung der Hautbarriere in Hautmodellen:
In einer Zellkultur aus Keratinozyten wurde die Bildung von sogenannten tight-junctions, welche den Zwischenraum zwischen den Hautzellen versiegeln, in der Anwesenheit von bakteriellen Extrakten untersucht (Bifidobacterium longum und verschiedene Lactobazillen). Bis auf den Stamm L. fermentum haben alle untersuchten bakteriellen Stämme die Hautbarriere über die Bildung von tight-junctions innerhalb von 24 h erhöht. Insgesamt zeigten die beiden Stämme B. longum und L. rhamnosus GG die stärksten Effekte, dosierungsabhängig über 4 Tage. Diese Daten zeigen, dass Effekte mit Probiotika/Extrakten aus Probiotika auf die Hautbarriere stark stammspezifisch sind!
Link zu dieser Publikation auf asm.org
2. Verbesserte Hauterneuerung
In einer weiteren Studie mit Keratinozyten wurde der Effekt von verschiedenen Laktobazillen-Extrakten in einem Scratch-Assay untersucht. In diesem Versuch wurde eine Schicht aus Keratinozyten „zerkratzt“ und dann mit den jeweiligen bakteriellen Extrakten inkubiert. Die Re-epithelisierung der „Kratzer“ wurde beobachtet und mit einer unbehandelten Kontrolle verglichen. Während Extrakte der Stämme L. rhamnosus GG (LGG) und L. reuteri die Rate der Re-epithelisierung signifikant verstärkt haben, hat das LGG-Lysat die Proliferations- und Migrationsrate der Zellen am effizientesten angekurbelt.
Link zu dieser Publikation auf Nature.com
3. Reduktion von Keimzahlen
In zwei unterschiedlichen Studien wurde der inhibierende Effekt von Laktobazillen-Extrakten auf Staphylococcus aureus Infektionen auf einer Zellschicht aus Keratinozyten untersucht. S. aureusist der dominante Infektionskeim bei Neurodermitis-Patienten. Diese Studien haben gezeigt, dass bestimmte Laktobazillen-Artendie S. aureus Infektion verhindern konnten, einerseits durch Wachstumsinhibierung und Reduktion der bakteriellen Anheftung (LGG), andererseits durch kompetitive Verdrängung (L. reuteri). Allerdings konnte der Schutz der Keratinozyten vor einer S. aureus-Infektion nur dann beobachtet werden, wenn die Laktobazillen-Extrakte gleichzeitig oder vor Zugabe der S. aureus Keime zugegeben wurden. Somit ist eine prophylaktische Anwendung von Probiotika gegen Infektionen naheliegend.
Link zur Publikation auf asm.org
Link zur Publikation auf asm.org
All diese Studien welche von Cath und ihren Kollegen durchgeführt wurden, zeigen, dass Probiotika (inklusive Extrakte daraus) welche eigentlich aus Nahrungsmitteln kommen, auch zur Hautgesundheit beitragen können. Allerdings sind die beobachteten Effekte sehr variabel zwischen verschiedenen Stämmen, so dass eine eingehende wissenschaftliche Untersuchung des/r verwendeten Bakterienstammes/Stämme unbedingt erforderlich ist.
SkinBio Therapeutics plant Klinische Studien an Menschen in den drei Indikationen: Wissenschaftliche Hautpflege, Infektionskontrolle und Ekzeme.
Wir freuen uns schon auf die Ergebnisse!
Danke Cath für das Interview und ich freue mich schon auf das nächste Interview mit Daten zu den Klinischen Studien!